Stiftung Schloss Neuhardenberg / Ausstellung "Helden erinnern - 200 Jahre Neuhardenberg" / Wissenschaftlicher Mitarbeiter / 2013-2014
Mitarbeit bei der Konzeption und Durchführung der Ausstellung - wissenschaftliche Recherchen in Archiven und Bibliotheken - Objekt- und Bildrecherchen bei privaten und öffentlichen Leihgebern - Transkription von Handschriften
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Helden stützen die Gesellschaft, sie sind ein wichtiges Instrument, moralische Maßstäbe zu definieren. Man könnte sagen: Es gibt Helden, weil die Zeiten Helden wollen und sie produzieren. Wer oder was aber ist ein Held? Was macht einen Helden zum Helden? Und wer macht einen Helden zum Helden? Ist die Idee vom Helden durch die Jahrhunderte immer dieselbe, oder ändert sie sich mit den Zeitläuften? Welche Helden (oder Heldinnen) haben die verschiedenen Epochen bevölkert? Und welches Heldentum hat bis in unsere Gegenwart überlebt? Grund genug, sich dem Phänomen des Helden, des fiktionalen wie des Helden, der wirklich gelebt hat, einmal detailliert und über die Jahrhunderte hinweg zu widmen. Zu den Zielen der Ausstellung gehört es, die Geschichte der Moderne als Transformationsprozess der Heldenvorstellung zu skizzieren; dabei werden die Neuhardenberger »Ortshelden« besonders berücksichtigt. Am Leitfaden ihrer Taten und Biographien sollen vier Epochen und unsere Gegenwart exemplarisch dargestellt werden.
»GRATIA REGIS« – so steht es über dem Portal von Schloss Neuhardenberg zu lesen. Im Jahr 1814, vor genau 200 Jahren also, erhielt Karl August Fürst von Hardenberg die Standesherrschaft Neuhardenberg, die bis dahin Quilitz hieß. König Friedrich Wilhelm III. von Preußen dankte damit seinem Staatskanzler für dessen Verdienste um das Königreich, insbesondere während der langwierigen und zähen Verhandlungen beim Wiener Kongreß. Und der Staatskanzler? Er notierte lapidar im Tagebuch: »Reçu la dotation de Neuhardenberg« – ›Neuhardenberg übertragen bekommen‹. Ein bißchen mehr Enthusiasmus hätte man erwarten dürfen, angesichts der Tatsache, dass da ein, wenn auch hochrangiger, Diplomat durch diese Dotation in die Nähe eines Helden gerückt wurde – mit einem nach ihm benannten Ort, einem Schloss, einem Park, einer Kirche. Vielleicht sind Helden immer das Ergebnis einer Projektion, also ein Produkt desjenigen, der sie, aus ganz verschiedenen Gründen, als Held betrachtet. War nicht Joachim Bernhard von Prittwitz, gewissermaßen Hardenbergs Vorgänger in Neuhardenberg bzw. Quilitz, auch ein Held, weil er Friedrich dem Großen in der Schlacht von Kunersdorf das Leben rettete? Was ist mit den Neuhardenberger Gefallenen des Ersten Weltkriegs, dessen Ausbruch sich 2014 zum 100. Mal jährt? Oder mit dem letzten Standesherrn auf Neuhardenberg, Carl-Hans Graf von Hardenberg? Er gehörte zum Kreis der Widerstandskämpfer gegen Adolf Hitler und wurde nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 von der Gestapo verhaftet. Er versuchte, sich das Leben zu nehmen, um nicht Freunde und Mitverschwörer unter Folter zu verraten.
Pressespiegel
»So lässt diese Ausstellung lässig und ohne pädagogische Stützräder die nationale Textur unseres Begriffs vom Heldischen hervortreten. ›Helden erinnern‹: von Thomas Macho und Hans von Trotha effektvoll in Szene gesetzt, ist eine historische Tiefenbohrung, die eine beglückende Dialektik von Lokal- und Nationalgeschichte, von Besonderem und Allgemeinem entfaltet. […] In einem gesonderten Raum wird die digitale Gegenwart recht verspielt reflektiert. Dort kann man mit einem Tablet virtuelle Seifies mit ›Helden‹ von 2014 herstellen. 50 Gesichter stehen zur Wahl. Man kann sich mit Angela Merkel oder Batman, Helene Fischer oder Eward Snowden, Conchita Wurst oder der Queen, Karl Lagerfeld oder Gorbatschow ›fotografieren‹: Das ist nicht schwerblütig kulturkritisch gemeint und, trotz aller Skepsis gegenüber solchen allzu verbreiteten Mit-mach-Inszenierungen, eine inspirierende Idee.« taz. Die Tageszeitung
»Ist Edward Snowden ein Held, weil er die Überwachungspraktiken von Geheimdiensten enthüllt hat? Oder doch eher Malala Yousafzai? Jenes 16-jährige pakistanische Mädchen, dass trotz Verbots der Taliban zur Schule geht? Die Frage, wer ein Held ist, beantwortet die Ausstellung nicht. Das möchte sie auch gar nicht. […] Denn schon bei den Fragen, wie der Begriff Held definiert werden kann und welche Mechanismen greifen müssen, um eine Person auf den Sockel zu heben, gibt es unerschöpflich viele Antworten. Das macht die Ausstellung deutlich, indem sie dem Wandel des Terminus ›Held‹ vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart nachspürt.« Märkische Oderzeitung