Erzherzog Joseph (Gemälde von Martin van Meytens, um 1760)

Erzherzog Joseph (Gemälde von Martin van Meytens, um 1760)

»Den 15., als an I. M. der Kaiserin höchsten Nahmenstag, ware große Gala und wurde denen Bottschafftern zur Kirchen angesagt. Vor selber meldete ich sie bei der Kaiserin, um die gewöhnliche Complimente zu machen, so sie in dem Spieglzimmer ablegten; nach ihnen liessen I. M. noch die Hoffämter und vornehmere Ministros hinein zum Handkuß (ich hatte meinen schon zuvor in der Cammer abgestattet) und giengen sodann incognito in das Privat Oratorium; der Kaiser aber verfügte sich col corteggio publico zur Capellen und mittags speisten beide Mayestäten nebst dem Ertzherzog Joseph und die Princesse in der Rathstuben oder gelben Zimmer, so für heut der Kaiserin Anticamera repraesentiren muste, weillen die Zimmer auf ihrer Seiten alle zu klein seind und sie gleichwollen noch als eine Kindlbettnerin figuriren, mithin nicht in der großen Anticamera heraußen in publico speisen wollen.

Der Dienst ware übrigens wie er in dergleichen Fällen (wo auf der Kaiserin Seiten gespeist wird) zu sein pfleget, und mann erlaubte auch denen Männeren, jedoch - weillen der Raum ebenfahls nicht überflüssig und die Taffel Musique (so in Cantaten von der Signora Tesi und dem Monticello bestanden) ohnehin villen Platz eingenohmen nur Cavallieren de distinction in dem Taffel Zimmer aufzuwarten. Nachdeme die Herrschafften abgespeiset, wurden die anwesende vornehmere von Adel beiderlei Geschlechts abermahlen bei drei großen Tafflen bewürthet und abend spillte die Kaiserin in dem Salon de la gallerie, wo sie sonsten an Appartement-Täg zu spillen pfleget; jedoch wurde von mir sorgfältig vorgesehen, damit wenigstens der Spilltisch (worunter ein Teppich untergebreitet wurde) in keinem Zugwind zu stehen kommen möge, weillen die Frau so gar keine Wärme vertragen und mann doch eine Kindlbetterin nicht so gar der Nachtluft exponiren kann.«

weiterlesen →

Comment