»Sonnenhell, aber kalt. Wir haben (zur Linken) indianisches Gebiet auf unserem ganzen Wege; es ist das Territorium Minnesota, und wir sehen am Ufer die Indianer in größeren und kleineren Lagern. Die Männer stehen oder gehen herum, in rothe oder weißgelbe Decken gehüllt; die Frauen sind am Feuer innerhalb oder außerhalb der Zelte beschäftigt oder tragen ihre kleinen Kinder auf dem Rücken, eingewickelt in den gelben Filz, der sie selbst umhüllt. (…)

Wir haben jetzt auch mehre Indianer an Bord, eine Familie Winnehagoes, Mann, Frau, Tochter (ein Mädchen von sechzehn Jahren), und zwei junge Krieger aus dem Siouxstamm, mit prächtigen Federn geschmückt und roth und gelb, ja, ich glaube mit allen Farben bemalt, sodaß es köstlich ist. (…) Die jungen Siouxkrieger sehen aus wie eine Art von großen prächtigen Truthähnen; sie blähen sich auf und sehen sehr hochmüthig aus; dann und wann kriechen sie aber zusammen, hocken beieinander wie Affen und schwatzen miteinander mit gelenker Zunge, wie nur ein paar Kaffeeschwestern schwatzen können. (…)

Karl Bodmer: Indianerlager am Missouri (um 1840)

Karl Bodmer: Indianerlager am Missouri (um 1840)

Sioux-Krieger (1872)

Sioux-Krieger (1872)

Heute Nachmittag sollen wir St.-Paul erreichen, das Ziel unserer Reise und die nördlichste Stadt am Mississippi. Es ist mir verdrießlich, diese Reise so bald beendigt zu sehen; ich wünschte, daß diese Fahrt auf dem Mississippi mindestens acht Tage dauern könnte. Sie unterhält und interessiert mich unbeschreiblich. (…) Dazu kommt noch, daß ich dies Alles wegen der vortrefflichen amerikanischen Einrichtungen für die Passagiere der Dampfboote in Frieden und Freiheit genießen kann. Sie sind gewöhnlich dreideckig. Das mittelste Deck wird hautpsächlich von Passagieren eingenommen, die, um ihre Bequemlichkeit zu genießen, einen höheren Preis als die andern bezahlen. Rings ums dieses Deck zieht sich eine breite Galerie (oder Piazza), die von dem obern Deck überschattet ist, und innerhalb dieser Piazza sind die Zimmer der Passagiere rings um das ganze Boot befindlich. Jedes Zimmer hat eine Thür mit Fenstern nach der Galerie, sodaß man beliebig auf diese letztere treten oder auch von seinem Zimmer aus die Ufer betrachten kann. Dieser Thür gegenüber führt eine andere Thür in den Salon. Der Salon im hintern Theil des Schiffes ist stets für die Frauenzimmer bestimmt und rings herum sind die Zimmer für dieselben; der ander größte Salon, welcher zugleich als Speisesaal dient, ist das Versammlungszimmer der Herren. Jedes kleine Zimmer, welches "State room" genannt wird, hat gewöhnlich zwei Betten, eins über dem andern. (…) Diese Zimmer sind stets weiß ausgemalt, sauber, hell und behaglich; man kann sich darin, auch am Tage, ganz bequem aufhalten. Der Tisch ist gewöhnlich gut und reichlich, und der Reiseaufwand verhältnißmäßig gering. (…)

Wir sehen jetzt an den Ufern keine Spur von europäischer Cultur mehr, nur indianische Hütten und Feuer. Die Ufer des Lake Pepin werden immer niedriger und die Natur zeigt sich immer weniger großartig.«

weiterlesen →

Comment