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Khevenhüller-Metsch

22. Oktober 1748

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22. Oktober 1748

Johann Joseph von Khevenhüller-Metsch

»Den 22. ware das erste Appartement nach der Kindlbett und fienge die Kaiserin wiederumen an, die an selben Tägen gewöhnliche Audienzien - und zwar des Nachmittags vor den rosencrantz, welcher anjezo wieder um 6 Uhr gehalten wurde - zu ertheilen, worunter anheut auch obbemelter churpfältzischer Gesanter sich befande, welcher bein Austritt von mir, mandato imeratricis, eine mit Steineren garnirte, goldene Tabatière überkamme; gleichwie aber seines Principalen Patriotismus noch sehr schlecht anscheinet, so wurden auch die Praesenter für seinem Abgeordneten darnach ausgemessen.

"Favorita" Wien im17. Jahrhundert, später "Theresianische Ritterakademie"

"Favorita" Wien im17. Jahrhundert, später "Theresianische Ritterakademie"

Vormittag hatte I.M. die Kaiserin denen Knaben ex Theresiano die Stund gegeben, ihren, biß anhero der Kindlbett halber zuruckgeblibenen Glückwunsch zu dero allerhöchsten Nahmenstag abstatten zu könnn, worzu ich dann selbe hergebrachter Massen introducirte (…) Die Kaiserin, welcher ich kurtz vorhero die Liste der jeztigen Candidaten - mit denen sich der Numerus academicorum über die neuntzig erstrecken wird - überbracht, hat unß alle ganz gnädigst empfangen und entlassen, sonderlich aber ihrer kräfftigsten Manutenenz versicheret, ohne welcher wegen deren villen Beneideren und Antagonisten sich dises neue Institutum nicht lang souteniren würde. (…)

Heut in der Nacht starbe in Kindsnöthen und währender Operation (welche von dem Chirurgo sehr unglücklich verrrichtet worden) des Cammerherrn Graffen Camillo Colloredo Gemahlin, eine gebohrne v. Wolffsthall, im 40. Jahr ihres Alters.«

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15. Oktober 1748

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15. Oktober 1748

Erzherzog Joseph (Gemälde von Martin van Meytens, um 1760)

Erzherzog Joseph (Gemälde von Martin van Meytens, um 1760)

»Den 15., als an I. M. der Kaiserin höchsten Nahmenstag, ware große Gala und wurde denen Bottschafftern zur Kirchen angesagt. Vor selber meldete ich sie bei der Kaiserin, um die gewöhnliche Complimente zu machen, so sie in dem Spieglzimmer ablegten; nach ihnen liessen I. M. noch die Hoffämter und vornehmere Ministros hinein zum Handkuß (ich hatte meinen schon zuvor in der Cammer abgestattet) und giengen sodann incognito in das Privat Oratorium; der Kaiser aber verfügte sich col corteggio publico zur Capellen und mittags speisten beide Mayestäten nebst dem Ertzherzog Joseph und die Princesse in der Rathstuben oder gelben Zimmer, so für heut der Kaiserin Anticamera repraesentiren muste, weillen die Zimmer auf ihrer Seiten alle zu klein seind und sie gleichwollen noch als eine Kindlbettnerin figuriren, mithin nicht in der großen Anticamera heraußen in publico speisen wollen.

Der Dienst ware übrigens wie er in dergleichen Fällen (wo auf der Kaiserin Seiten gespeist wird) zu sein pfleget, und mann erlaubte auch denen Männeren, jedoch - weillen der Raum ebenfahls nicht überflüssig und die Taffel Musique (so in Cantaten von der Signora Tesi und dem Monticello bestanden) ohnehin villen Platz eingenohmen nur Cavallieren de distinction in dem Taffel Zimmer aufzuwarten. Nachdeme die Herrschafften abgespeiset, wurden die anwesende vornehmere von Adel beiderlei Geschlechts abermahlen bei drei großen Tafflen bewürthet und abend spillte die Kaiserin in dem Salon de la gallerie, wo sie sonsten an Appartement-Täg zu spillen pfleget; jedoch wurde von mir sorgfältig vorgesehen, damit wenigstens der Spilltisch (worunter ein Teppich untergebreitet wurde) in keinem Zugwind zu stehen kommen möge, weillen die Frau so gar keine Wärme vertragen und mann doch eine Kindlbetterin nicht so gar der Nachtluft exponiren kann.«

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04. Oktober 1748

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04. Oktober 1748

Johann Joseph von Khevenhüller-Metsch

»Den 4. wurde des Kaisers hoher Nahmenstag in großer Gala begangen. Um eilff Uhr gienge mann in publico in die Capellen, sodann speiste der Kaiser allein; und ob zwar Freitag ware, so wurde doch nach denen vorigen Beispillen (vermög deren nur Opera und dergleichen Spectaclen, wann die Gala Täg an einen Freitag einfiellen, ausbliben) Taffl Musique gehalten. (…)

Prinz Karl Alexander von Lothringen (1712-1780)

Prinz Karl Alexander von Lothringen (1712-1780)

Der Printz Carl ist heut nicht im Vorschein gekommen, weillen der arme Herr seit gestern einen grausamen Accés vom Fieber aushalten müssen, welches dermahlen noch in eine Tertianam sich zu determiniren scheinet. Ich habe ihme Nachmittag en cachette meine Cour gemacht und ihn übl aussehender gefunden. Der Herr haltet einen so wunderlichen und unordentlichen Régime, daß er auch mit seinem unvergleichlichen Temperament zulezt doch wird unterligen müssen. Ich habe ihn wegen seinen gutten und generosen Gemüths lieb, je n'entre point dans ses qualités militaires; gewiß ist es, daß er für seine Persohn ein brav- und unerschrockener Herr ist, ami de ses amis, bienfaisant und immer eines jovialischen, aufgeraunten Humors, womit er dem Kaiser, welcher villmehr zur Melancolei incliniret, öffters gar wohl conveniret, ob zwar auf der anderen Seiten nicht zu läugnen, daß er ihn zu sehr zu denen Dissipationen und Divertissemens - sonderlich der Jagd und deren Spectaclen - entrainiret und anmit von denen Geschäfften zu offt und zu vill abziehet, worzu wor ohnedeme nicht allzu große Lust haben oder doch nicht lang damit unß plagen mögten.«

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29. September 1748

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29. September 1748

Johann Joseph von Khevenhüller-Metsch

»Den 29. ware wegen S. Michaelis Fest offentlicher Gottesdienst und wurden von der Kaiserin die Zutrittsfrauen al bacciamano zugelassen. Abends kamme der Kaiser zur neuen Opera puffa, la fata genannt, welche wegen deren neuen Decorationen und Machinen zimmlichen Applauso fand. Vorhero aber fuhre er noch senza publico nacher Hezendorff, um dem Versprechen dortiger Hoff-Dame, Freile Therese von Lamberg (Schwester meiner Frauen Herrn Schwager), mit dem Sohn des steyerischen Landshaubtmanns Graffen Brenner, würcklichen Cammerherrn - wobei ich auch als Beistand figuriren müssen - beizuwohnen.

Martin van Meytens: Maria Theresia mit Familie (1754)

Martin van Meytens: Maria Theresia mit Familie (1754)

Dise Amour hatte schon zu der Zeit, da die Kaiserin Frau Mutter zu Grätz (…) sich befande, angefangen; und obschon die Eltern wegen ein und anderen, bei denen Ahnen vorgefundenen Anstands, alles auf der Welt gethan, um den jungen Menschen zu detourniren, und das Mädel (wiewollen sonsten ein gutten, tugendliches Kind) nicht allein nicht hübsch, sondern ihrer Leibs Structur halber - indeme sie eine ganz besondere Rondeur hat, gleich einer Frauen, die ville Kinder getragen - fast difforme ist, so hat er doch von ihr nicht nachlassen wollen und durch dise, seine, über siben Jahr fürgedauerte Beständigkeit die Eltern endlich bewogen, ihren Consens zur Heirath zu geben.«

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17. September 1748

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17. September 1748

Johann Joseph von Khevenhüller-Metsch

»Mittags hatte ich mich bei meiner Schwester ansagen lassen. Unter dem Essen bekamme ich ein Billet von meiner Frauen, welche zu Schönbrunn gespeiset, worinnen mit selbe meldete, daß die Kaiserin einige Vorbotten bevorstehnder Entbindung zu spühren angefangen und dahero für gutt befunden worden, die auf morgen bestimmte, lezte Aderlaß noch heut vorzunehmen.

Bei solchen Umständen eillte ich sogleich nacher Schönbrunn und kamme noch vor den Rosencrantz an, fande aber, daß mann sich der Entbindung vor Mitternacht nicht vermuthete, wie dann die Kaiserin noch unter den ersten Seegen auf den kleinen Gang heraussen, nächst dero Anlegzimmer gestanden (...). Zun End des Rosencranzes gienge der Kaiser mit mir und noch ein paar Männern in Garten spatzieren und sagte uns, wie die Kaiserin zwar seit mittags einige Wehen empfindete, allein weillen sie immer auszusetzen pflegten, so würde ihrer Gewohnheit nach wohl schwärlich vor Mitternacht oder Anbruch des Tags etwas daraus werden.

Kaum aber waren wir eine kleine halbe Stund herumgegangen, als ein Cammerherr dahergeloffen kamme, um dem Kaiser in Nahmen derer in der Cammer befindlichen Frauen eillend herbeizuruffen; welcher dann auch sofort nebst unß mit starcken Schritten zuruckeilte. (...)

Mann sahe eine große Bestürtzung an der Princesse und einer andern aus der Cammer zur Capellen durchpassirten Dame, welche leztere mir nur dise paar Worte lachirte: nous avons un enfant foible, mithin ware alles in gröstem Allarme. Mann schaute sich einander an, ohne fast zu sprechen, und wolte niemand der erste sein, die sich vorzustellende üble Nachricht zu vernehmen (...), als mann mich zu den Kaiser holte.

Maria Carolina postum (oben) mit ihren früh verstorbenen Schwestern auf einem Wandgemälde von Martin van Meytens in Schloss Schönbrunn. (Ausschnitt) nach 1748

Maria Carolina postum (oben) mit ihren früh verstorbenen Schwestern auf einem Wandgemälde von Martin van Meytens in Schloss Schönbrunn. (Ausschnitt) nach 1748

Disen fand ich schreibend und - wie wohl nicht anderst möglich - mit sehr bestürtzten Gesicht; er sagte mir: vous irez à Hezendorff porter cette lettre à l'impératrice mère; und nachdeme er den Brieff gesigelt, fügte er noch mit wenigen bei: vous scaurez déjà ce qui est arrivé, j'ai seilement peur pour l'impératrice qui croit que l'enfant est mort sans batême, et jette de haut cris. (...)

Bei meiner Zuruckkunfft zu Schönbrunn ware mann von dem ersten Allarme schon in etwas zuruckgekommen und ware von der vorbeigangenen Catastrophe so villes bekannt worden, daß I.M. gegen halb 5 Uhr mit einer Ertzherzogin, jedoch insoweit unglücklich genesen seie, daß - weillen das Kind nicht wohl gewendet und zuerst mit denen Füsselen gekommen - die Hebamme es sofort nothgetauffet und selbes hierauf nach gar wenig Minuten (...) verschieden. Weillen die Kaiserin sich auch mehrers herbeigegeben und, Gottlob, bei ihro nicht die geringste Gefahr sonsten sich äußerete, fande sich der Calme nach und nach wiederumen ein.

Der Kaiser befahle sodann, daß mann wegen der Begräbnus nachschlagen und nach Befinden das behörige veranstalten solle (...). Anbei meldete unß der Kaiser, wie die Kaiserin kein Gala haben wolte, obzwar mein Schwager und ich aus der Ursach auf einen eintzigen Gala Tag (indeme sonsten bei glücklicher Entbindung auf drei Täge Gala angesagt zu werden pflegt) angetragen, damit doch die Entbindung selbsten - aus Rücksicht auf die höchste Kindlbettnerin und dero hohes Wohlsein - einigermaßen honoriret und das Vergnügen über diesen lezteren Umstand marquiret werde.

Das Unschicksammste hierbei ware, daß ungehindert keine Gala sein sollen, mann doch denen Dames befohlen, in Appartement Kleidern die erste drei Täge (wo die Hoff Dames par conséquent en robbes sein musten) zu erscheinen, worbei noch die Confusion unterloffen, daß mann theils Dames von reichen, und anderen von glatten Hoff Röcken gemeldet. Allein so gehet es immer, wann keine ordentlich und legale Etiquette ist, wie es leider an unseren Hoff dermahlen zugehet, wo ein jeder schaffen und hoffmeisteren will und, nach dem Sprichwort, niemand mehr weis, wer Koch noch Kellner seie.«

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09. September 1748

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09. September 1748

Johann Joseph von Khevenhüller-Metsch

»Den 9. kamme die Kaiserin Frau Mutter gegen 1 Uhr von Hezendorff herüber, unserer Frauen eine Visite zu geben, stige sogleich bei denen Garten Zimmern ab, allwo sämtliche junge Herrschafften nebst der allerdurchlauchtigsten Mama und der Princesse ihrer erwarteten und vei Annäherung des Wagens biß zur Portière vortratten und selbe allda empfiengen.

Ludwig XIV. lädt Molière zum "petit couvert" (Jean-Léon Gérôme/1863)

Ludwig XIV. lädt Molière zum "petit couvert" (Jean-Léon Gérôme/1863)

Die alte Frau muß wegen ihrer bösen Füße immer getragen werden, dahero mann auch eine Invention gemacht, daß mann sie nebst dem Tragsessel in die Berline hineinsezet und heraus nihmt. Die Visite dauerte etwann eine halbe Stund, worauf die Kaiserin à son petit couvert, wie sie es nunmehro immer zu thun pflegt, wir aber zu unserer Taffl mit der Princesse speisen giengen.«

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28. August 1748

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28. August 1748

»Den 28. ware große Gala wegen der Kaiserin Frau Mutter Geburtstags. Gegen 10 Uhr fuhren beide Mayestätten incognito nacher Hezendorff, um ihren Glückwunsch ohne Gepräng abzulegen. Bei der Retour, bald nach 11 Uhr, ware offentliche Capellen und Minerva, nach welcher der Kaiser allein (weillen die Kaiserin wegen ihrer avancirten Schwangerschafft nicht wohl sich also fatigiren können) in publico nacher Hezendorff gefahren, um mit denen gewöhnlichen Curialien seine Gratulation zu wiederhollen. (...)

Mittags speisten beide kaiserliche Mayestätten offentlich, con musica, weßwegen die Bottschaffter sowohl in der Kirchen als bein Taffeldienst aufwarteten; die vornehmere von denen herausgekommenen Dames und Cavalliers wurden auf zwei Taffeln (bei deren ersterer ich les honneurs machte) serviret und abends ware Appartement, so das lezte gewesen, welches die Kaiserin vor ihrer Niderkunfft noch gehalten; wie sie auch von der Zeit an meisten retiriret gebliben.«

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16. August 1748

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16. August 1748

»Den 16. hatten meine kärnthnerische Landsleuthe, jedoch nicht mehr in corpore, sondern ut singuli ihre Abschieds Audienzien (...).

Ohne mich zu rühmen, hat ihnen mein, gleich bei ihrer Ankunfft ertheilter Rath, den sie sich pro directione fleißig gelten lassen, nicht geschadet, da ich ihnen öffters eingebunden, der Kaiserin, als einer wahren Landesmutter, die Umstände des Lands aufrichtig vorzustellen, Sachen, die nur beschwärlich seien, nicht unmöglich zu machen, wahre Unmöglichkeiten aber mit claren und deutlichen Gründen darzuthun, übrigens sich in ihre Arme zu werffen, mit beständiger Protestation, daß mann die Billig- und Nothwendigkeit, sich dermahlen nach denen äußersten Kräfften zu ihrem Behuff anzugreiffen, allerdings erkenne, (...).

Eodem unterblibe aus der nemmlichen lezt bemerckten Ursach abermahlen das sonsten gewöhnliche freitägige Appartement.«

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07. August 1748

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07. August 1748

»Den 7. verfügte sich die Kaiserin vormittags nacher Eberstorff, um dortiges neues Spittal und Waißenhauß in Augenschein zu nehmen. Nachmittag bei Zeiten kamme der Kaiser von der gethanenen Excursion zuruck, welche zwar insoweit nicht ohne Unglück abgeloffen, weillen bei der großen Jagd einer deren Treibern sich zu Tod gefallen und ein anderer von dem Graffen Leopold Kinsky durch die Packen geschossen worden.«

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02. August 1748

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02. August 1748

»Den 2., als an dem Portiuncula Fest, gienge mann nach neun Uhr zu denen Capucinern nacher St. Ulrich und sahe im Zuruckfahren die aus hiesiger Garnison nacher Sibenbürgen abgehende zweite Kollobratische Bataillon nächst denen Ställen und abends ware Appartement, welches ich, ungehindert mir schon seit der Kirchen wegen der ungemainen Hitz und Dunsts nicht recht wohl ware, dennoch biß zum Ende ausgehalten, sodann aber mich nacher Gumpendorff verfüget und nach meinen genohmenen, gewöhnlichen Remedès zu Bett geleget habe.«

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