»Folgender Kassiber wurde mir gestern von einem Gefangenen zugesteckt: „Hochachtung Herrn Mühsam! Teile Ihnen mit, daß Toller am 15. Juli zur Verhandlung kommt. Gustav Landauer wurde am 2. Mai hier in Stadelheim erschossen. Ich selbst trug Landauer ins Leichenhaus. Der Zahlmeister sagte: Dieser polnische Jude wollte hier in Bayern regieren? Ein Schriftsteller wurde am 2. Mai erschossen. Nach dem Tod wurden ihm seine neuen Schuhe von einem Unteroffizier ausgezogen. Weiße Garde? Der Zahlmeister stand daneben. Später seine Hose und seine Strümpfe wurden ihm auch ausgezogen. Eine Schande, wie man mit den Leichen hier umging. Hochachtungsvoll“ (Ich habe die Orthographie verbessert). So wurde in Bayern „Ruhe und Ordnung“ hergestellt. Ich mag nicht dran denken. Der Gedanke an Landauers schreckliches Ende läßt mich nicht mehr los. Und an der Stätte seiner Ermordung eingesperrt zu sein! – Mir gehts nicht sonderlich mit der Gesundheit. Heut war ich beim Arzt und habe mir Brom verordnen lassen, da ich keine Nacht schlafen kann. So hoffe ich, daß ich am Montag wenigstens ausgeruht vor Gericht erscheinen kann.«